Der Ausschnitt

In einigen meiner Seminare erarbeiten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Thema Geschäftskleidung eine Art „Wunschliste“, wie ein potentieller Kunde oder Geschäftspartner sich das äußere Erscheinungsbild seines Gegenübers vorstellt.

Neben einer oft detaillierten Kleiderordnung entwickelt sich häufig ein intensiver Diskurs darüber, was „ok“ ist und was nicht.

Der Ausschnitt

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Bei der Frage nach der Tiefe der Einsichten in das weibliche Dekolleté scheiden sich die Geister. Und zwar nicht unbedingt in männliche und weibliche Geister, wie man annehmen könnte.
Die einen sagen, dass für den ersten Eindruck (der potentielle Kunde steht eben noch nicht auf der Liste der Weihnachtskarten) möglichst seriös sein sollte. Die anderen argumentieren, dass eine maßvolle Offenheit auch verkaufsfördernd sein könne.

So interessant für den einen oder anderen gewisse Einblicke auch sein können, so gut das tiefe Dekolleté auch zum Outfit passen möge, eines ist es mit Sicherheit nicht – nachhaltig seriös.

Es gibt eine grobe Faustregel für die Tiefe des Ausschnitts: Der Ausschnitt endet dort, wo die Achselhöhlen beginnen.
Natürlich ist diese Regel (wie sämtliche anderen auch) immer individuell interpretierbar. Es gibt eben Damen mit höheren und solche mit tieferen Achselhöhlen …

Kleine Stilkunde Festbekleidung

Dresscodes und deren Entschlüsselung.

Anlässlich eines Gala-Abends von Gräfin Hardenberg nehme ich im Auftrag von Deutsche Welle TV die Festbekleidung genau unter die Lupe und erkläre anhand von konkreten Beispielen, was geht und was nicht.

Neulich auf dem Bundespresseball

Alle Jahre wieder … … steht der Bundespresseball an.

Eine wunderbare Gelegenheit, mehr oder weniger geschmackvoll gekleidete Menschen zu sehen und zu beobachten.

SmokingZum Dresscode „festliche Abendkleidung“ gehört bei den Damen die lange Abendrobe in allen nur denkbaren Variationen. Ob gewagt und tief dekolletiert oder schlicht und elegant, es ist die Gelegenheit, der Phantasie freien Lauf zu lassen. Hauptsache, nicht alltäglich.

Bei den Herren wird die Kreativität per Dresscode bereits gezäumt.

War es in früheren Tagen der große Abendanzug, also der Frack, ist es heutzutage (nur noch) der Smoking.

Ganz traditionell als Einreiher mit Schalkragen und Kummerbund oder auch als Zweireiher mit Spitzfaçon. Wichtig ist, dass die Jacke weder Seitenschlitze noch Mittelschlitz hat und die umschlaglose Hose einen aufgesetzten (Seiden-)Streifen, den so genannten Galon besitzt.

Schleife oder Fliege?
Die binderische Handarbeit lässt sich in aller Regel auch vom ungeübten Auge identifizieren. Sitzt der Halsschmuck etwas (bis sehr) schief, sind die Flügel ungleichmäßig lang und hängen vielleicht auch noch etwas schlaff herunter, verdient der Träger einen anerkennenden Blick für das stilvolle Werk.
Meine persönliche Meinung? Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass ein Mann eine vorgebundene Fliege besitzt. Nur tragen sollte er sie nie …

Und wie in jedem Jahr sieht man auch auf dem Bundespresseball 2008 gut 90% der Herren mit einer Fliege zum Smokinghemd einfliegen. Die Fliege ist die fertig vorgebundene Variante der Schleife, also des Kurzbinders.
Eine wohltuende Ausnahme war unter anderem der Journalist und Fernsehmoderator Jörg Thadeusz. Er trug trotz „Black Tie“ zwar eine graue, dennoch aber eine Schleife. Selbstgebunden.

„Chapeau, Herr Thadeusz!“

Die Anzugjacke – Länge x Breite …

„Da wächst Du noch rein, Junge!“

Meine Herren, wenngleich viele Dinge, die unsere Mütter uns mit auf den Weg gegeben haben, ebenso wertvoll wie lebenslang gültig sind, sollten wir uns von dieser mütterlichen Weisheit rechtzeitig verabschieden: In den Sakkoärmel, der bündig mit den Fingerknöcheln abschließt, wächst kein Mann über 30 jemals mehr hinein!

Anzug

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Mit dem Ärmel der männlichen Anzugjacke sollte ca. 1-2 cm über dem Ende der Hemdmanschette Schluss sein.
Im gleichen Verhältnis schaut auch der Kragen des Oberhemds aus dem hinteren Sakkokragen heraus.
Denken Sie stets daran, dass ein gutes Herrensakko an keiner Stelle die Haut berühren sollte. Auch für die Damen gilt, dass am Handgelenk sichtbare Manschetten optisch strecken und für eine vertikale, schlanke Linienführung sorgen. Unsichtbare oder kurze Ärmel und ein über dem Revers der Kostümjacke getragener Blusenkragen zieht die Linienführung des Körpers optisch in die Breite. Das sollten Sie bei der Auswahl Ihres persönlichen Stils berücksichtigen.

Das Herren-Sakko sollte in jedem Fall das männliche Gesäß bedecken, um nicht unvorteilhaft zu wirken.
Bei der Länge der weiblichen Kostümjacke gibt es mehr Spielraum. Achten Sie jedoch auch hier auf einen eventuellen Blickfang, wenn die Jacke zu kurz geschnitten ist.  Ein zweiter Spiegel und „ehrliches“ Licht wirken bei der Auswahl oft Wunder.

Sakkos mit zwei Seitenschlitzen sehen von hinten vorteilhafter aus, wenn Sie eine Hand in der Hosentasche haben. Der Mittelschlitz klafft in diesem Fall auf und legt Ihren Allerwertesten frei. Sakkos ohne Schlitz sind der Gesellschaftskleidung vorbehalten.

Die richtige Ärmellänge beim Hemd

Kurze Ärmel sind für Jungs, lange Ärmel sind für Männer!

Soweit ein Zitat meines Großvaters, einem echten Gentleman seiner Zeit.

Von der etwas merkwürdigen Optik eines kurzärmeligen Hemds unter dem Sakko einmal abgesehen, gibt es ein ganz pragmatisches Argument für lange Hemdsärmel.

Ärmellänge beim HemdInsbesondere im Sommer schwitzt Mann natürlich auch am Arm. Warum sollte ich also ein hochwertiges Sakko durchschwitzen, wenn ich das arme Ding durch ein Hemd mit langen Ärmeln davor bewahren kann?
Das Hemd kommt selbstverständlich nach einem Tragetag in die Wäsche, doch wer würde seinen Anzug schon täglich in die Reinigung geben …

Umschlagmanschetten (französische Doppelmanschetten mit Schmuckknopf) werden meist ein wenig länger getragen als Sportmanschetten (die mit dem fest angenähten Knopf).
Sie enden, je nach persönlichem Stil, entweder an oder kurz über der Daumenwurzel.
Neben der Ärmellänge ist auch die Weite der Manschetten wichtig. Sie sollte immer ausreichend Bewegungsfreiheit lassen, so dass der Ärmel niemals am Handgelenk staucht. Uhrenträger sollten bereits beim Hemdenkauf darauf achten, dass der Ärmel an der Uhrenhand nicht spannt, sondern locker über den Zeitmesser gleitet.

No brown after six

Kein Braun nach sechs …

Muss ich tatsächlich immer ein paar Schuhe zum Wechseln dabei haben, falls ich mit meinen braunen Schuhen auch nach sechs Uhr abends unterwegs bin?
No brown after six ...?Unsinn! „No brown after six“ bezieht sich weniger auf die konkrete Uhrzeit als vorrangig auf den Anlass.
Mit „after six“ sind solche Gelegenheiten und Veranstaltungen gemeint, die am Abend beginnen. Da Schwarz die traditionelle Farbe der Gesellschaftskleidung für den Abend ist (z.B. der Smoking oder das kleine Schwarze), wird man dazu keine braunen Schuhe tragen.

Die Kombination des Anzugs tagsüber mit braunen Schuhen ist inzwischen nicht nur alltagstauglich sondern durchaus stilvoll, solange es sich nicht um hellbraune oder beigefarbene Schuhe handelt.
Schauen wir in eine beliebige italienische Großstadt, werden wir überhaupt Mühe haben, schwarze Schuhe zum Tagesanzug zu entdecken.
Und selbst der größte Verfechter klassischer Herrenkleidung wird den italienischen Männern kaum so etwas wie die Abwesenheit von Stil und Geschmack in puncto Kleidung unterstellen können, oder …?

Welche Kleidung im Beruf?

Lassen wir uns ein wenig von Bildern unserer Vorstellung leiten: Wie stellen wir uns den Klempner vor, der die Heizung repariert? Wie den Bäcker? Die Krankenschwester? Den Berater einer Bank?

Bundesarchiv, Bild 183-2005-0712-524 / CC-BY-SA

Klempner | © Bundesarchiv, Bild 183-2005-0712-524 / CC-BY-SA

Wenn wir uns in die Erwartungen unserer Kunden oder Geschäftspartner und die damit verbundenen Empfindungen versetzen, wird schnell klar, welche Garderobe angemessen ist.
Abgesehen von Branchen, in denen es in Bezug auf die Kleidung etwas legerer zugeht (Werbung, Medien, Kultur, etc.), gibt es eine grobe Unterscheidung zwischen drei Kategorien:

Die hochoffizielle Geschäftskleidung

  • Sie: Klassisches, dunkles Kostüm und Bluse oder Kleid (Saumlänge: Knie umspielend) mit passender Jacke, Strumpfhose und dunkle, geschlossene Schuhe mit harter Sohle.
  • Er: Dunkelgrauer oder dunkelblauer Anzug mit Weste, mit oder ohne dezente Nadelstreifen, weißes Hemd und klassische Seidenkrawatte, mindestens wadenlange Strümpfe, schwarze Schuhe (Oxford) mit harter Sohle.

Die halboffizielle Geschäftskleidung

  • Sie: Kostüm, Kleid mit Jacke, klassischer Hosenanzug, Kombination. Auch „freundlichere“ Farben (Achtung: Signalwirkung!). Strumpfhose und (meist zumindest vorne geschlossene) Schuhe mit harter Sohle.
  • Er: Zwei- oder dreiteiliger Anzug, Kombination in dezenten Farben und Mustern. Weißes oder dezent getöntes Hemd mit verschiedenen Kragenformen, klassische Krawatte sowie mindestens wadenlange Strümpfe und dunkle Schuhe mit harter Sohle.

Die „entspannte“ Geschäftskleidung

  • Sie: Kombination (wenn Rock: Knie umspielend), Jeans (dunkel, sehr gepflegt und gebügelt), Bluse oder wertiges Shirt, evtl. Jacke, geschlossene Schuhe (mind. vorne) mit harter Sohle
  • Er: Anzug oder Kombination, Jeans (dunkel, sehr gepflegt und gebügelt), Hemd, im Sommer auch Polo-Shirt, evtl. Sakko, gepflegte Schuhe mit harter Sohle

Welche Kleidung zu welchem Anlass?

„Schatz, ich habe nichts zum Anziehen!“

Gibt es zu bestimmten Anlässen eine so genannte Kleiderordnung bzw. einen Dresscode, hilft das bei der Auswahl schon mal weiter.
Denn es bleiben lediglich zwei Alternativen: Entweder ich halte mich daran oder ich sage meine Teilnahme ab.

smokingweste

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Folgende Vermerke zur Kleiderordnung können Ihnen begegnen:

  • Casual (in diversen Varianten)
  • Business-/Geschäftskleidung
  • Schwarzer/dunkler Anzug
  • Stresemann
  • Cut (Cutaway)
  • Abendkleidung, festliche Kleidung, Ballkleidung
  • Smoking, Black Tie, Tuxedo, Cravate Noire
  • Frack, White Tie, Cravate Blanche

Diese Vermerke sind meist in der maskulinen Form gehalten, beziehen sich aber stets auf den Herrn und die Dame. Paare sollten versuchen, bezüglich ihrer Garderobe eine harmonische optische Einheit zu bilden.
Sich dem Anlass entsprechend zu kleiden, ist nicht nur eine Frage des guten Stils sondern auch des Respekts und der Wertschätzung gegenüber den Gastgebern und den anderen Gästen.

Ein paar grobe Anhaltspunkte:

  • Je älter die Menschen sind, mit denen Sie zusammentreffen, desto weniger Individualismus und Flippigkeit sollten Sie sich bei der Auswahl Ihrer Kleidung gestatten.
  • Je offizieller oder feierlicher ein Anlass ist, desto sorgfältiger sollten Sie Ihre Garderobe wählen. Auch mit Blick auf die Gastgeber.
  • Je fremder Ihnen andere Menschen sind, desto strenger sollten Sie Kleidungs-Regeln beachten.

Kleidung I

You never get a second chance to make a first impression.

(Man bekommt keine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu hinterlassen.)

© Bellemedia | Dreamstime.com

© Bellemedia | Dreamstime.com

Das erste, was wir von einem anderen Menschen wahrnehmen, ist sein äußeres Erscheinungsbild.
Innerhalb von sieben Sekunden fälle wir (dass heißt, eigentlich unser Unterbewusstsein) ein erstes Urteil, das die „chemische“ Grundlage unserer Kommunikation bildet.

Die Kleidung spielt dabei eine große Rolle. Kleidung sendet Signale. Dass sie sauber und gepflegt sein sollte, versteht sich von selbst.
Eine stilvolle und die eigene Persönlichkeit unterstreichende Kombination der Kleidungsstücke ist darüber hinaus wesentlich wichtiger als teure Marken und Labels.