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Reise-Knigge (IV) – Das Kicker-Kind

Das Kicker-Kind

Das Flugzeug hat (wie der erste Offizier mit einem gewissen Stolz aus dem Cockpit verkündet) seine Reiseflughöhe erreicht. Aha…!

Ihre Augenlider haben die Einschlafposition erreicht und Sie kuscheln sich in der Economy-Klasse bei großzügigen 25 cm Beinfreiheit bestmöglich in Ihren Sitz, um während des Frühflugs noch ein wenig Schlaf nachzuholen oder sich auf dem Heimweg von einem stressigen Tag zu entspannen.

Reise-Knigge Flugzeug

© Macsimum | Dreamstime.com

Und genau dann kommt er: Der erste Tritt in Ihren Rücken.
Dann der zweite. Und bevor Sie sich überhaupt umdrehen können, der dritte.
Nein, es ist nicht Ihr mitgereister Chiropraktiker. Es ist das Kind hinter Ihnen. Das liebliche. Das hellwache. Das ruhelose und vollkommen gelangweilte, dessen überforderte Mutter schon auf dem Taxiway zum Start eingeschlummert ist.

Nachdem sich in Ihrem Kopf ein ähnliches Gefühl ausbreitet, wie bei Samuel Peter in der achten Runde gegen Vitali Klitschko, bleibt nur ein Gedanke: Was tun??

Stehen Sie auf (natürlich ohne sich an der Rückenlehne Ihres Vordermannes hochzuhieven!) und bitten den mitreisenden Elternteil hinter Ihnen, sofern wach, um Abhilfe. Falls das nicht möglich ist, zerwuscheln Sie Ihr Haar bis zur Unkenntlichkeit, tupfen sich etwas Tomatensaft unter die Augen und setzen Ihre furchtbarste Grimasse auf. Jetzt drehen Sie sich blitzartig nach hinten um, lassen Ihre blutunterlaufenen, schielenden Augen über die Rückenlehne funkeln und verkünden, während Ihr Blick das unschuldige Kindergesicht wie Laserstrahlen trifft, mit ebenso heiserer wie furchterregender Monsterstimme, dass Sie den kleinen Übeltäter beim nächsten Tritt verspeisen werden.
Mit Haut und Haar und vor allem inklusive seines Gameboys und seiner nagelneuen Nike-Schuhe. (Ganz wichtig für den Erfolg ist der geheimnisvolle Zusatz, dass Sie es wie einen Unfall aussehen lassen werden und niemand etwas davon mitbekommen wird …!!)

Außerordentlich wichtig für den Erfolg ist, sich vorher unauffällig zu vergewissern, dass Ihr perfekt inszenierter Rocky-Horror-Auftritt nicht durch den eingestöpselten mp3-Player in des Kindes Ohren an Wirkung verliert …