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Klaus Lage – König der Löwen

Kultur findet statt, wo man sie nicht erwartet hat.

Das dachte ich mir nach dem vergangenen Wochenende.
Um eine deutsche Rock-Legende live zu erleben, sind wir eben mal nach Peine gefahren. Ja richtig, die Ausfahrt an der A2 kurz vor Hannover. Dort gab Klaus Lage mit Band am Sonnabend ein Konzert. Und was für eines.

Klaus LageSchon vor Konzertbeginn gab es die ersten Überraschungen. Die Getränke wurden zu äußerst moderaten Preisen in richtigen Gläsern ausgeschänkt, ohne 200% Pfand, versteht sich.

Die Jacken hängte man eigenhändig an die offene Garderobe und um es vorweg zu nehmen – sie waren auch nach dem Konzert noch da! Es gab weder gedränge noch Geschubse beim Einlass und der Saal war schließlich mit rund 500 Gästen im besten Alter voll besetzt, oder vielmehr gestellt.

Für 20:00 Uhr war der Beginn ausgeschrieben und (Herr Fox, nehmen Sie sich daran gerne ein Beispiel!) es ging auf die Minute pünktlich los.

Klaus Lage, inzwischen 59 Jahre alt, kam auf die Bühne und legte los wie ein Orkan, der sich im Laufe des Konzerts kontinuierlich steigerte.

Mit einer sensationell guten Band von Profimusikern, die das ihre zu diesem wahrhaftigen Genuss beitrugen.

Lothar Atwell am Bass, Bo Heart am Keyboard, Tim-Ole Hoff am Schlagzeug und der begnadete Jürgen Scholz an der Gitarre. Letzterer legte immer wieder neue und überraschende, aber stets absolut passende Töne unter die bekannten Songs, mal bluesig, mal hart rockig und mal exzellent funky. Ein Ohrenschmaus.

Ich hatte Klaus Lage zum letzten Mal Ende der 80er Jahre in Berlin erlebt und bin nach diesem Konzert wieder zutiefst beeindruckt von der Kraft seiner Stimme und von seiner überspringenden Energie. Der Saal kochte bis zum letzten Akkord der fünften (!) Zugabe und erst nachdem Klaus Lage schweißgebadet (allerdings ohne Bademantel) verkündete „Ichkannichmehr!“, gingen die Lichter an.

Dass Rockmusiker nicht zwangsläufig stillos sein müssen, zeigte sich übrigens auch in Details. So wurde das Wasser auf der Bühne nicht direkt aus der Flasche sondern aus Gläsern getrunken.

Da wir am nächsten Morgen das Frühstück im selben Hotel gemeinsam einnahmen, blieb mir natürlich auch nicht verborgen, dass Worte wie „Danke“, gerichtet an die Servicekräfte, auch zum selbstverständlichen Repertoire gehören.

Klaus, Du bist der König!

P.S.:
Die Tour geht übrigens noch bis Ende November weiter. Wer also Lust hat, sich einen Abend mit hervorragender und handgemachter Musik bei guter Laune zu gönnen, dem sei eines der Konzerte allerwärmstens empfohlen.

Peter Fox und die Stadtaffen

Lieber Herr Fox, herzlichen Glückwunsch – Sie haben es geschafft!

Sie haben es geschafft, dass Sie aus Berlin, in Berlin und für jeden Berliner schon fast ein schlechtes Gewissen erzeugen, der nicht zu „Alles Neu“ wenigstens mit der Spitze des großen Zehs wippt.

Sie haben es geschafft, dass wir uns ebenso als „Stadtaffen“ identifizieren, wie Sie es selber tun und mit wummernden Beats untermauern. Dass Sie uns Berlinern das Gefühl vermitteln, Sie singen für uns, über uns und mit uns.

Sie haben es geschafft, in diesem Jahr knapp 70.000 Open-Air-Karten an die Frau und den Mann zu bringen, um (zum Teil) quer durch die gesamte Stadt zu fahren, um zur Parkbühne in der Wuhlheide zu pilgern.

Sie haben es (natürlich) geschafft, dass viele Fans und Besucher selbst während Ihrer – zugegeben eher kurzen und wortkargen – Ansagen zwischen den Liedern weiterwippten und -groovten. Was vielleicht, aber bestimmt nicht nur, auch an einer großen Berliner Brauerei liegen kann, die der Bühne ihren Namen lieh und als Gegenleistung dort erfolgreich diverse Bierstände betreibt, sowie fast ebenso viele Wodka-Red-Bull-Zapfstellen.

Peter FoxJa, Sie haben es selbst geschafft, dass nach der Vorband, die beim Konzert gestern fast pünktlich um 19:00 Uhr zu spielen begann (wenngleich die Jungs vor Ihrem Auftritt nächstes Mal weniger zustandsverändernde Substanzen einnehmen sollten, dann bliebe Gesagtes nicht länger ein akustisches Rätsel), wundersamerweise gegen 20:00 Uhr plötzlich eine weitere Vorband ihre Stücke feilbot (übrigens um Welten besser als die erste Kapelle) und nur wenige Zuschauer entnervt die Arena verließen, weil sie seit dem offiziellen Einlass um 17:00 Uhr inzwischen über drei Stunden im Staub standen.

Als kurz nach halb neun das angekündigte Gewitter den Entschluss fasste, über der Wuhlheide auch am Konzert teilzunehmen, die Blitze zuckten und es begann, in Strömen zu regnen, flüchteten dann doch bereits deutlich mehr Gäste. Ob, und wenn ja wann Sie auf die Bühne kämen, ob vorher vielleicht noch die eine oder andere Amateur-Band das Publikum erheitern durfte, wusste ja niemand.
Außer Ihnen wahrscheinlich und dem Veranstalter.

Kurz vor neun gab eine fünfköpfige Familie mit drei vollkommen durchnässten und frierenden Kindern schließlich auf, was von einem veritablen Unterstützer der angeprochenen Brauerei mit einem „Dit weeß doch jeda, der schonmal uff’nem Peta Fox Konzert war, det der nich vor neune uffe Bühne kommt!“ kommentiert wurde. Aha.

Und tatsächlich, Punkt 21:00 waren Sie da. Mit guter Show, sattem Sound und einer sensationell guten Band.
Allerdings ohne ein Wort der Erklärung oder gar Entschuldigung, warum Sie 17.000 zahlende Gäste mindestens zwei Stunden haben warten und im Regen stehen lassen.

Sie haben es geschafft, lieber Herr Fox, dass wir zum ersten Mal in einem konzertbesuchreichen Leben vor der Zugabe die musikalische Stätte verlassen haben, ebenso nass und frierend wie die meisten anderen auch.

Ja, Sie haben es geschafft, dass ich darüber schreibe, Ihre Musik – nicht nur als Berliner – weiterhin mag. Ihren Stil im Umgang mit Ihren Gästen mag ich jedoch nicht.

Herzliche Grüße,
Jan Schaumann